Chronische Niereninsuffizienz bei Katzen

Vor gut 15 Jahren hörte ich erstmalig von CNI. Damals sagte man mir, Mohrchen leide an „Chronischem Nierenversagen“. Die Krankheit wurde leider erst sehr spät erkannt. Trotz aller Bemühungen blieben uns nur noch einige Monate, bis wir ihn erlösen mussten. Zu dieser Zeit kannte ich CNI noch nicht. Ich war schockiert, dass mein geliebtes Mohrchen urplötzlich so todkrank sein sollte. Es war doch bis vor ein paar Tagen scheinbar noch alles okay!? Genau das ist das Gemeine an CNI. Hätte ich vor 16-18 Jahren bereits gewusst, was ich heute weiß, hätte Mohrchen vermutlich nicht so früh sterben müssen. Jedenfalls nicht an CNI.

Vor ungefähr 9 Jahren erhielt ich die Diagnose ein zweites Mal. Durch die Erfahrung mit Mohrchen vorsichtig geworden, wurde die Krankheit bei Elvis deutlich früher diagnostiziert. Leider schränkte sein Diabetes die Behandlungsmöglichkeiten erheblich ein, sodass uns auch mit ihm weniger Zeit blieb, als wir gehofft hatten. Fünf Jahre später schon musste ich mich dann erneut mit der Diagnose abfinden, als es auch unseren Schatzi erwischt hatte. Was bereits an dieser Stelle klar sein dürfte: CNI ist bei Katzen leider absolut keine Seltenheit.

CNI, CNE oder chronisches Nierenversagen?

Die Bezeichnungen für die Erkrankung variierten mit den Jahren und den behandelnden Ärzten. Ob nun chronisches Nierenversagen, chronische Niereninsuffizienz, CNI, CNE oder Renale Erkrankung, gemeint ist in aller Regel dasselbe. Für meinen Beitrag habe ich mich entschieden, die Bezeichnung CNI zu verwenden. Ich empfinde diese als sehr eindeutig.

Was ist CNI?

CNI ist eine Abkürzung und steht für Chronische Niereninsuffizienz. Chronisch heißt so viel wie andauernd oder beständig. Insuffizienz kann man mit dem Wort „Schwäche“ umschreiben. Leidet eine Katze an CNI, dann leidet sie also an einer andauernden, fortschreitenden Nierenschwäche.

Das bedeutet, mit dem Verlauf der Krankheit verschlechtert sich die Nierenfunktion der betroffenen Katze nach und nach. CNI ist nicht heilbar, weil geschädigtes Nierengewebe unwiederbringlich verloren ist. Am „Ende“ dieser Erkrankung steht unausweichlich der Abschied von deinem geliebten Stubentiger.

Die gute Nachricht bei all diesen verstörenden Informationen ist: Du kannst den Verlauf der Krankheit bremsen. Du kannst die Lebensqualität deines Vierbeiners verbessern. Und, du kannst die Lebenserwartung deiner Katze – im Idealfall – um etliche Jahre verlängern. Voraussetzung ist, die Krankheit wird rechtzeitig erkannt.

Warum sollten Katzenhalter CNI unbedingt kennen?

Chronische Niereninsuffizienz ist eine bei Katzen sehr häufig auftretende Erkrankung. Meist tritt sie altersbedingt auf. Man sagt, bei Katzen über 10 Jahren ist in etwa jedes zehnte Tier betroffen. Oberhalb der 15 Jahre erkrankt bereits annähernd jede dritte Katze. Was allerdings nicht bedeutet, dass jüngere Tiere nicht betroffen sein können. Unseren Schatzi hatte es mit ca. acht Jahren bereits recht früh erwischt.

Katzen ab einem Alter
von 10 Jahren

Katzen ab einem Alter
von 15 Jahren

Eine der wesentlichen Tücken von CNI ist, dass man sie leider erst in fortgeschrittenem Stadium diagnostizieren kann. Umso wichtiger ist ein sofortiger Behandlungsbeginn, sobald die Erkrankung bekannt ist. Vorsorgeuntersuchungen sind DAS Mittel, CNI frühestmöglich zu erkennen. Gelingt dies und es wird umgehend behandelt, stehen die Chancen gut, noch einige gemeinsame Jahre miteinander zu haben. Deshalb sollten Katzenhalter CNI unbedingt kennen.

Welche Funktion haben die Nieren einer Katze?

Bei Katzen – wie auch beim Menschen – sind die Nieren lebenswichtige Organe. Ihre Aufgaben im Organismus sind vielfältig. Körperfunktionen, von denen man es teilweise nicht ahnen würde, werden von den Nieren maßgeblich beeinflusst. Die wesentlichen Aufgaben der Nieren sehen wie folgt aus:

  • den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt regulieren (Calcium, Kalium, Phosphor und Natrium)
  • Stoffwechselabbauprodukte aus dem Blut filtern und mit dem Urin ausscheiden
    (vordergründig Harnstoff und Kreatinin, die Nebenprodukte des Eiweißabbaus sind)
  • die Produktion von Erythropoietin, einem Hormon, das die Stammzellen im Knochenmark dazu anregt,
    rote Blutkörperchen zu produzieren
  • die Produktion des Enzyms Renin, welches den Blutdruck regelt
  • Regulation und Kontrolle der Zusammensetzung des Harns

Was passiert in der gesunden Niere?

Die kleinste funktionelle Untereinheit der Niere nennt sich Nephron. In diesen Nephronen befinden sich winzig kleine Filtrationsknötchen, die Glomeruli. Durch diese wird das zirkulierende Blut rund um die Uhr gefiltert. Dabei werden Blutkörperchen und große Moleküle – wie Proteine – im Blutkreislauf zurückgehalten. Flüssigkeit und alle kleinen Moleküle gelangen durch die Poren der winzigen Glomeruli hindurch und werden so aus dem Blutkreislauf herausgefiltert. Auf diese Weise befreien die Nieren das Blut von Gift- und Stoffwechselprodukten. Die herausgefilterte Flüssigkeit mit all den kleinen Molekülen darin nennt sich Primärharn.

Dieser Primärharn darf allerdings noch nicht ausgeschieden werden, weil dem Körper sonst zu viel Flüssigkeit verloren ginge. Deshalb entziehen die Nieren dem Primärharn im Anschluss den Großteil des Wassers inklusiv wichtiger Elektrolyte. So wird der Körper vor einer Austrocknung bewahrt. Die übrige Flüssigkeit mit all den Abfallstoffen darin, wird als Urin ausgeschieden.

Was ist bei einer CNI anders?

Im Zuge einer CNI nimmt die Zahl intakter Nephronen ab. Die verbleibenden Nephronen kompensieren diesen Ausfall, indem sie ihre Leistung steigern. Hierbei geraten sie jedoch irgendwann an ihre Grenzen. Durch die stetige Überlastung steigt der Druck in den noch intakten Filtrationsknötchen an. Durch diesen erhöhten Druck werden auch größere Moleküle, wie Proteine durch die winzigen Poren gepresst und gelangen in den Urin.

Die verbliebenen Nephronen schaffen es nicht mehr, alle Abfallstoffe aus dem Blut zu filtern. Hierdurch verbleiben immer mehr Stoffwechselprodukte wie Harnstoff, Kreatinin und Phosphat im Blut der Katze. Sowohl die Proteine im Urin als auch die Abfallstoffe im Blut schädigen wiederum die noch intakten Nephronen. Hier schließt sich dann ein Teufelskreis.

Auch das Entziehen des Wassers aus dem Primärharn funktioniert bei der geschädigten Niere immer schlechter. Folglich wird zu viel Flüssigkeit ausgeschieden, wodurch häufiger eine Austrocknung droht.

Anschauliche Darstellung des Karnkeitsverlaufes

Altersbedingt leidet etwa jede dritte Katze an chronischer Nierenschwäche. Das intakte Nierengewebe nimmt hierbei ab. Genauer gesagt gehen schrittweise Nierenkörperchen verloren.

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Mit dem Voranschreiten der Krankheit erhöhen die verbliebenen Nierenkörperchen ihre Arbeitsleistung und versuchen so den Verlust auszugleichen. Da ihnen dies eine Zeit lang sehr gut gelingt, verläuft die Erkrankung lange symptomfrei.

 

 

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Die Anzahl intakter Nierenkörperchen reicht irgendwann nicht mehr aus, um die verlorene Arbeitsleistung der abgestorbenen Nierenkörperchen auszugleichen. Die noch vorhandenen Nierenkörperchen werden überlastet. Der Druck in den Nierenkörperchen steigt an.

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Stoffwechselabbauprodukte können von den überlasteten Nierenkörperchen nicht mehr ausreichend gefiltert und ausgeschieden werden. In Folge verbleiben Harnstoff, Kreatinin und Phosphat im Blut. Ungesunde Mengen an Eiweißen finden sich im Urin (Proteinurie).

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Sowohl die Proteine (Eiweiß) im Urin als auch der Phosphatgehalt im Blut schädigen zusätzlich die verbliebenen intakten Nierenkörperchen. Der Abbau des funktionellen Nierengewebes schreitet voran. Hier schließt sich der Teufelskreis.

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Last but not least, steuern gesunde Nieren die Abgabe von Hormonen, die Einfluss auf den Blutdruck und die Blutbildung haben. Auch diese Funktionen kann die geschädigte Niere mit Fortschreiten der Erkrankung immer schlechter ausüben.

Wie wirkt sich das aus?

Je weniger Nierenkörperchen erhalten bleiben, desto schlechter können die Nieren ihre lebenswichtigen Funktionen ausüben. Infolge entstehen Probleme wie eine erhöhte Konzentration von Stoffwechselprodukten im Blut, Austrocknung, Blutarmut und/oder Bluthochdruck, welche dann auch wieder Folgen nach sich ziehen. Die hohe Konzentration von Stoffwechselprodukten im Blut sorgt unter anderem für Übelkeit und verminderten Appetit. Die Unregelmäßigkeiten im Flüssigkeitshaushalt führen zu Verstopfungen. Andauernder Bluthochdruck kann zur Erblindung führen u.s.w.

Dies sind wie gesagt nur einige Beispiele. Die Liste der möglichen Beschwerden ist weitaus länger. Wobei der Verlauf der Krankheit von Tier zu Tier recht unterschiedlich sein kann.

Rechts auf dem Foto erkennt man gut die Blutarmut, die unserem Mohrchen zu schaffen machte. In guten Zeiten waren sein Nasenspiegel und seine Lippen satt rosa. Mit fortschreitender Krankheit wurde die Farbe immer blasser und bekam fast einen Stich ins gelbliche. Auch an seinen Tatzen und überall wo helle Haut sichtbar war, konnte man diese Veränderung deutlich erkennen.

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Woran erkennt man Chronische Niereninsuffizienz?

Im Idealfall unterzieht man ältere Tiere regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen. Abgesehen von einem Zufall, ist dies die einzige Möglichkeit, CNI „frühzeitig“ zu erkennen. Frühzeitig setze ich hier bewusst in Gänsefüßchen, da die Nierenschwäche über die gängigen Nierenwerte frühestens feststellbar ist, wenn bereits mindestens 2/3 der Nierenfunktion verloren gegangen ist.

Über den SDMA-Wert, einen vergleichsweise neuen, die Nieren betreffenden Biomarker, ist die Diagnose um einiges früher möglich. Deshalb nennt man diesen Wert auch Früherkennungswert.

Lässt man solche Untersuchungen nicht durchführen,  bemerkt man die Krankheit erst, wenn die Katze sie nicht mehr verbergen kann.  Erst dann wirst du erste Symptome wahrnehmen können. Leider ist die Nierenfunktion deines Stubentigers dann schon zu  3/4 verloren gegangen.

Diagnose mittels
SDMA-Wert Labor

Diagnose mittels
Nierenwerte Labor

Diagnose durch
Auftreten von Symptomen

Die Symptome einer CNI sind so zahlreich wie vielfältig. Ich beschränke mich hier mal auf häufig auftretende Symptome, die ich auch bei meinen Jungs beobachten konnte.

  • auffällig vermehrter Durst
  • vermehrter Harnabsatz und/oder Unsauberkeit
  • Gewichtsverlust
  • Appetitlosigkeit bis hin zur Futterverweigerung
  • Übelkeit und Erbrechen
  • glanzloses bis struppig wirkendes Fell
  • Zahnfleischentzündung und/oder Mundgeruch
  • Symptome für Magensäureüberschuss (z.B. Zähneknirschen, Erbrechen von weißem Schaum)
  • Benommenheit, Schwäche
  • Verstopfung

Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass all diese Symptome auch Anzeichen einer anderen Erkrankung sein können. Tritt also eins dieser Symptome bei deiner Katze auf, dann muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass sie an einer Nierenschwäche leidet.

Warum lässt sich CNI erst so spät feststellen?

Wie bereits erklärt, sind da diese kleinen Nierenkörperchen (Nephronen), die in den Nieren die Arbeiten verrichten und die im Verlauf einer CNI  nach und nach absterben. Diese Nierenkörperchen sind bis zu einem bestimmten Grad sehr gut in der Lage, ihre Arbeitsleistung zu steigern, um die fehlende Leistung abgestorbener Nierenkörperchen auszugleichen.

Erst wenn so viele Nephronen abgestorben sind, dass die übrig gebliebenen Nephronen an ihre Grenzen geraten, spiegelt sich die Erkrankung im Blutbild unserer Katzen wider. Dies ist der Fall, wenn etwa 2/3 des Nierengewebes geschädigt sind. Eine Ausnahme bildet der bereits erwähnte SDMA-Wert. Dieser kann schon Hinweise auf eine Nierenschwäche geben, wenn alle anderen Blutwerte noch im Normbereich liegen.

Es lohnt also wirklich, für ältere Tiere – etwa ab dem 7.-8. Lebensjahr – regelmäßig ein geriatrisches Profil erstellen zu lassen.

Fazit

CNI ist eine unheilbare Erkrankung der Nieren, welche sich über einen längeren Zeitraum hinweg entwickelt und schlussendlich zum Tode führt. Die Krankheit ist aufgrund physiologischer Gegebenheiten erst sehr spät diagnostizierbar. Die Lebensqualität betroffener Tiere wird mit fortschreitender Erkrankung erheblich beeinträchtigt. Eine frühestmögliche Diagnose, gefolgt von einem raschen Behandlungsbeginn, ermöglichen deinem Stubentiger ein längeres und beschwerdefreieres Leben.

Trotzdem ich mich um möglichst einfache Sätze bemühe, ist das Thema doch sehr komplex. Deshalb möchte ich auf die Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen einer CNI in ein bis zwei weiteren Artikeln eingehen.

Dieser Beitrag ist Teil 1 von 3 Teilen der Artikelserie „CNI / CNE bei Katzen“

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2 Kommentare

  1. Barbara SchwarzBarbara Schwarz

    Mich interessiert in dem Zusammenhang mit CNI, ob man dieser Krankheit vorbeugen könnte, z.B. mit entsprechender Reduktion bestimmter Futteranteile, bspw. Innereien (die ja tw. entgiftende Funktionen haben [Leber, Nieren] und u.U. im Laufe eines Lebens entsprechende Schadstoffe speichern und die Nieren somit schädigen)?
    LG Barbara

    • AndreaAndrea Autor dieses Beitrags:

      Hallo Barbara,
      nein, so einfach ist das leider nicht aber ich verstehe, dass du dir diese Gedanken machst. Auch Katzen, die in ihrem ganzen Leben keine Innereien gefressen haben, können sicherlich an CNI erkranken. Ich habe seit 2005, als mein erster Kater an CNI erkrankte, mit vielen Tierärzten über das Thema gesprochen. Ich denke, wenn ein Verzicht auf (beispielsweise) Innereien im Futter, eine CNI verhindern könnte, hätte mir mindestens einer dieser Ärzte davon erzählt. Die Stoffwechselabbauprodukte, die der Katzenniere schlussendlich zu schaffen machen, entstehen überwiegend durch die Verarbeitung von Proteinen, also von Fleisch. Ich denke, es kann aber keine Option sein, ein gesundes Tier vorbeugend anders zu ernähren, als es seiner Art entspricht. Eine gesunde Katze sollte auch wie eine gesunde Katze ernährt werden. Anders sehe ich das, wenn ein Tier tatsächlich an CNI erkrankt. Dann ist eine entsprechende Ernährung m.E. absolut gerechtfertigt und nicht zuletzt auch DAS Mittel der Wahl, um dem Tier zu helfen. Vorbeugen im eigentlichen Sinne ist m.E. also nicht möglich. Es folgen in naher Zukunft zwei weitere Artikel, in denen es um die spezielle Ernährung bei einer CNI und um mögliche Medikamente gehen wird.
      Liebe Grüße Andrea & Jungs

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